Gibraltar

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Gibraltar - an's Ende von Europa! ... von Henning Wiekhorst

Im Sommer 2014 hatte ich 10 Tage Zeit alleine mit dem Motorrad auf Tour zugehen. Ich entschloss mich eines meiner alten Traumziele anzufahren - Gibraltar! Schon immer wollte ich ans südliche Ende Europa's touren um einen Blick auf die afrikanische Küste zu werfen. Schnell wurde mir aufgrund der Entfernungen klar, dass dieses Unterfangen eine Kombination aus Gewalt-Tour und Urlaub werden würde. Sicherlich nicht jedermanns Sache! Gerade beim Motorradfahren stelle aber ich mich immer wieder gerne solchen Herausforderungen. Hat man die einmal bewältigt, ist die innere Freude es geschafft zu haben groß! - Frei nach dem Motto: Der Weg ist das Ziel!

Umso näher der Urlaub rückte, je mehr begeisterte ich mich und fing an, die Tour zu planen. Die ersten zwei Etappen, bei denen ich noch ausgeruht sein würde, mit jeweils knapp über 1000 Kilometern pro Tag, sollten die längsten sein. Die dritte Teilstrecke, mit noch verbleibenden 700 Kilometern, sollte mich bis zum Abend des dritten Tages nach Gibraltar gebracht haben. Dort wollte ich zwei Nächte zur Erholung bleiben, bevor ich den etwas ruhigeren Rückweg entlang der spanischen Mittelmeerküste antreten würde. Aufgrund der Etappenlängen, verwarf ich den Gedanken meine Zeltausrüstung mitzunehmen und buchte über das Online-Buchungsportal HRS im Voraus Hotels an den Etappenzielen. - Dies geschah unter der Prämisse, dass keine Übernachtung mehr als 50 Euro kosten durfte. Ein Frühstück sollte hierbei möglichst inkludiert sein, was ich aber nicht als zwingend ansah. So brauchte ich mir keine Gedanken über ein übermüdetes Auf- und Abbauen des Zeltes zu machen, genauso wenig wie über die Verpflegung. Des Weiteren wollte ich möglichst kleine Straßen benutzen und weitestgehend Autobahnen vermeiden. Am liebsten stand mir der Sinn nach einsamer Landschaft, wo es nur noch mein Motorrad, die Straße und mich geben sollte!

Gibraltartour-Karte
Die Route in Etappen: Bonn - Limoges - Madrid - Gibraltar - Almeria -Alicante - Perpignan - Besancon - Bonn - 5700 km, 10 Tage

Für den, der die Route nachvollziehen will, hier die geplanten Etappen:

Tag 1: Start in Wachtberg bei Bonn, Autobahn bis nach Aachen. Weiter über Eupen in Belgien bis Verviers. Ab hier weiter auf kleinen Straßen über Rochefort und über die Grenze nach Charleville-Meziers in Frankreich. Die weitere Route führte über die Orte Vouziers, Romilly-Sur-Seine und Nemours nach Limoges in das das Hotel Du Parc.

Tag 2: Von Limoges nach Bordeaux, von hier zum Teil über Autbahn (leider!) nach Bayonne und Biarritz an die spanische Grenze durch Irun nach Donostia in Spanien. Weiter nach Logrono, Soria bis nach Madrid mit Übernachtung im NH-Hotel Madrid Riberia del Manzanares.

Tag 3: Über Toledo, Ciudad-Real, Montoro, Castro del Rio, Estepa, Ronda, Estepona zum NH-Hotel Campo de Gibraltar in Los Barios mit zwei geplanten Übernachtungen.

Tag 4: Anfahren und Besichtigung von Tarifa und Gibraltar.

Tag 5: Eine kurze Etappe von Los Barios die Küste entlang nach Almeria. Das Gran Hotel Almeria war für zwei Nächte gebucht.

Tag 6: Am Strand liegen und Almeria zu Fuß erkundigen!

Tag 7: Entlang der Mittelmeerküste nach Alicante, NH-Hotel Rambia Alicante - 1 Nacht

Tag 8: Von Alicante vorbei an Benidorm und Barcelona nach Perpignan in Frankreich. Hotel Adagio Access - 1 Nacht (Espace Mediterranee)

Tag 9: Narbonne, Beziers, Montpellier, Besancon. Hotel Kyriad (Ecole-Valentin) - 1 Nacht

Tag 10: Über Freiburg und dann Autobahn zurück nach Hause.

Bepacktes Motorrad
Das Motorrad ist gepackt! - BMW R 1100 RS, Bj. 1993

Durch die Hotelbuchungen hatte ich mir die Freiheit genommen, unterwegs einfach dort, wo ich gerade Lust hätte anzuhalten und zu übernachten. Wohl hatte ich mir aber fixe Tagesziele gesetzt, als auch eine Menge Gepäck eingespart. Mit dem Freiheitsverlust konnte ich gut leben, da dieser ja doch selbst gewählt war. Das Gepäck bestand nur noch aus dem üblichen Werkzeug für das Motorrad, Anziehklamotten und Kulturbeutel, 5 Liter Benzinreserve in zwei 2,5 l Kanistern, sowie Unmengen an Getränken und Butterkeksen für die Pausen unterwegs. Sonnen-Creme und Fotoapparat fehlten ebenfalls nicht. Um meinen Weg zu finden bediente ich mich des neuen Garmin Navi's Zümo 390 LM und ließ mir zusätzlich vom ADAC Kartenmaterial schicken. Ich wollte mich nicht nur auf's Navi verlassen, so ein Ding kann ja auch einmal kaputt gehen.

An dieser Stelle sei angemerkt, dass der Service, den der ADAC zur Reisevorbereitung bietet, richtig gut und individuell zugeschnitten ist. Mehr dazu an anderer Stelle, aber das Lob muss einmal ausgesprochen werden. Unfall- und Reiseversicherungen lagen ebenfalls beim ADAC und z.T. innerhalb der Plus-Mitgliedschaft.

Regen von Bonn bis Limoges
Regen von Bonn bis Limoges - hier noch in Belgien

Am 12. Juli 2014, morgens um 5:00 Uhr ging's los! Es war ja klar, dass es regnete und dies blieb, bis auf ein paar ca. halbstündige Unterbrechungen, auch den ganzen Tag so. Bis nach Aachen - Regen! Durch Belgien durch - Regen! In Frankreich, bis Limoges - Regen! Auf kleinen, kurvigen, ländlichen Straßen kann einem die Kombination aus Regen, Kuhfladen und landwirtschaftlicher Matsch-Schmiere schon irgendwie ein Stück der "sommerlichen" Motorradfreude nehmen. Nun denn, aus der Not wurde eine Tugend gemacht - Schräglagen-Slalom mit Rutscheinlagen kann auch Spaß machen. Das ganze endete darin, dass ich abends gegen 20:30 Uhr, also nach 15 1/2 Stunden für knapp über 1000 Kilometer in Limoges ankam.

Trotz des komischen Gefühls, bei englischem Wetter in Frankreich zu sein, war es doch bis hierhin eine interessante Fahrt gewesen. Gerade das Gebiet um die belgisch-französische Grenze war landschaftlich extrem schön. Nachteilig war es, dass ich an einem Samstag losgefahren war: Mitten in der Pampa in Frankreich an einem Wochenende eine geöffnete Tankstelle zu finden ist halt so eine Sache! Hatte ich an einer etwas größeren Straße dann eine Station gefunden, stellte ich fest, dass es einer speziellen Tank-Karte bedurfte. Die hatte ich natürlich nicht! - Zum Glück sind die Franzosen aber durchaus freundliche und hilfsbereite Menschen! Es funktionierte sehr gut, wenn ich mit ein wenig Geduld auf einen Einheimischen wartete, der auch tanken musste. Drückte ich diesem das nötige Bargeld in die Hand, konnte ich auf seine Karte meinen Tank wieder auffüllen.

Wie dem auch sei, abends nach der ersten Etappe - ja, wie soll ich sagen - fühlte ich mich angenehm müde. In dem recht schlichten aber ordentlichen und sauberen Hotel du Parc bekam ich ein warmes Abendessen bevor ich mich in die Übernachtungszelle begab. Ich sage Übernachtungszelle deshalb, weil das Zimmer eben genau dafür und nicht mehr ausgelegt war. - Das hell getünchte Zimmer mit Bad war sauber, das Bett bequem und mehr hatte und brauchte es nicht. Der zweite Tag begann wohl ausgeruht um 7:00 Uhr morgens mit einem einfachen Frühstück. Es regnete immer noch, aber daran hatte ich mich am Vortag ja schon gewöhnt.

Die Pyrenäen sind in Sicht
Erst am 2. Tag, als die Pyrenäen in Sicht kommen hört der Regen auf.

Mit der Annäherung an Bordeaux hellte der Himmel sich ein wenig auf und der Regen wurde zusehends weniger. Mein Navi lotste mich mitten in die Innenstadt mit einemveranstaltungsbedingte Verkehrschaos. Ich war froh als ich Bordeaux wieder verlassen hatte, wozu ich mich in meiner Verzweiflung hierüber kurzfristig auf die Autobahn Richtung Spanien begeben hatte.  Wieder auf der Landstraße und als in der Nähe von Bayonne die Pyrenäen in Sicht kamen, waren die Straßen endlich trocken.

Der Atlantic-Strand in Nähe von Biarritz
Sommer, Sonne, Strand kurz vor der spanischen Grenze in Gegend von Biarritz

Je näher ich an's Atlantikwasser kam, umso sommerlicher wurde das Wetter. Nach wenigen Kilometern hielt ich am Strand an, um die leichteren Handschuhe heraus zu holen und die Jacke zur besseren Lüftung und Kühlung zu öffnen. Jetzt fühlte ich mich wie im Sommerurlaub! Die Gegend lud förmlich dazu ein, sich faul an den wunderschönen Strand zulegen.  Das ging leider nicht - ich hatte noch so einige hundert Kilometer vor mir bis nach Madrid. Zudem brachte die schöne Touristen-Gegend es mit sich, dass ich nur langsam voran kam. Es herrschte entsprechender Verkehr mit umher laufenden Kindern und allem, was dazu gehört. Schön war's trotzdem und so überquerte ich schließlich, so dahin rollend, die Grenze nach Spanien.

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An den Pyrenäen vorbei, auf Donostia zu haltend, schwenkte ich nach links ein, auf das Landesinnere zu, mit Madrid im Zentrum. Nur wenig entfernt von der Küste war die Straße fast leer, kaum ein Auto zu sehen. Schnell wurde die Landschaft weit und zu dem dünn bevölkert. Die Straßen in Spanien sind sehr gut ausgebaut, ich kam gut voran. - Das musste ich auch, denn es war der Tag des Endspiels der Fussball-WM. Auch wenn ich kein ausgesprochener Fussball-Fan bin, das Spiel wollte ich schon abends im Hotel sehen.

Umso mehr ich ins Zentrum der iberischen Halbinsel vorrückte, umso wärmer wurde es. Ich hielt erneut an, um die Wachscotton-Jacke gegen eine leichtere zu tauschen. Weite Landschaften, immer karger werdend, super Straßen im richtigen Mix aus geraden und kurvigen Abschnitten, kaum Verkehr - jetzt hatte ich es: Die Straße, mein Motorrad und ich - ganz allein! - Ein starker, warmer Wind blies mir dazu um die Nase und riss an der Kleidung. Es war genau das, was ich wollte und mir vorgestellt hatte. - Immer weiter rollend auf ewig langen Straßen. Irgendwie fing ich an innerlich das Lied " I'm a Highway-Star" von Deep Purple zu summen. Nur eins war schlecht! - Mir fing der Hintern an weh zu tun - Und das so sehr, dass ich auf den letzten 200 Kilometern vier Mal stoppen musste, um dem Gesäß eine Pause zu gönnen. So kam es, dass ich abends vom Fussballspiel nur die Verlängerung sehen konnte. Wie sich herausstellte hatte ich ja wohl damit auch das Entscheidende gesehen. Seelig, erschöpft und rund um zufrieden, dass Deutschland Weltmeister war und ich knapp über 2000 Kilometer in zwei Tagen bewältigt hatte, fiel ich im sehr guten NH-Hotel Madrid Riberia del Manzanares in einen tiefen Schlaf.

Madrid
Madrid: Nur ein Übernachtungs-Stop

Schon bei der Ankunft am Vorabend hatte mich der Stadtverkehr von Madrid genervt. Daher hegte ich auch keinerlei Gedanken mir die Stadt noch weiter anzuschauen. Gut frühstücken, aufpacken und raus aus der Stadt! - Bis nach Toledo die Autobahn benutzend und sich dann quer durch die Pampa schlagen - dem Ruf Andalusiens und Gibraltas folgend. Ich war wieder in meinem Element.

Der Weg von Madrid nach Gibraltar führt durch karge aber wunderschöne Landschaften
Der Weg von Madrid nach Gibraltar führt durch karge aber wunderschöne Landschaften

Was soll ich viel schreiben, schau Dir die Bilder an! - Es war eine super Fahrt durch wilde Steppen-, ja fast wüstenartige Landschaften. - Landschaften, die suggerieren, dass "Easy Rider" eigentlich ein Spanier sein muss. Warum wird eigentlich so viel von Amerika geträumt? Wenn ich allen Bildern, Filmen und Erzählungen Glauben schenke, dann ist Spanien mindestens genau so toll und das ohne die amerikanische Geschwindigkeitsbegrenzung. Mehr Freiheitsgefühl in wilder Natur als in der Süd-Hälfte Spaniens geht wohl kaum noch! - Ich war begeistert und "born to be wild"!

Straßen a la Easy Rider
... ewig lange Straßen mit einsamer "Easy Rider Atmosphäre"

Hazienda in Zentral-Spanien
... alten, verlassenen Haziendas

Montoro / Spanien
... und auch mal einen Wüstendorf wie hier Montoro

Straßen-Restaurant in Montoro
Straßen-Restaurant am Rand von Montoro

Motorradfahren macht hungrig, und ich war meine Butterkekse und sonstiges trockenes Essbare, das ich dabei hatte leid! Also stoppte ich an diesem Straßenrestaurant am Stadtrand von Montoro. Ich aß heiße, fettige, aber gut schmeckende Calamaris und trank kübelweise Cola. Es war heiß, irgend etwas zwischen 36° - 40° C. Die Terrasse war durch einen Wassersprühnebel angenehm gekühlt. Als ich nach dem Essen auf die Toilette ging und mich im Spiegel sah, wurde mir klar, warum ich zuvor wohl freundlich, aber mit ausgeprägter Schütternheit bedient worden war. Mein Schwitzen, gepaart mit dem Wasser des Sprühnebels und dem ganzen Staub der Motorradfahrt im Gesicht, gaben mir ein recht abenteuerlich, verwegenes Aussehen. Nachdem ich das Gesicht gewaschen hatte und noch etwas zu trinken bestellte, war das Verhalten der Bedienung schon ein völlig anderes. Ja, sie zeigte mit dem Finger auf mein Gesicht, hob den Daumen und lächelte mich dann an. Jetzt war ich etwas verlegen, zu mal das Mädchen doch äusserst hübsch war und ihr anscheinender Vater jetzt grimmig um Ecke schaute, was seine Tochter da so trieb. Letztlich war das aber kein Problem, ich hatte ja rein gar nichts getan und die Tochter auch nicht.

Zumal, - und ich weiß, dass ich ein Moped-Macho bin - hätte das Mädchen in keiner Weise mit meinem Motorrad und der gesuchten Einsamkeit auf der Straße in wilder Landschaft und dem stetigen Wind um die Nase konkurrieren können. Die weitere Fahrt sollte all meine Erwartungen toppen!

Karge Hügellandschaft Süd-Spanien
Mit der Annäherung an Andalusien wird es hügeliger und die Straßen kurviger.

Andalusien ist ein Paradies für den kurvenverliebten Motorradfahrer! Während der Abfahrt zum Meer hatte ich eine Strecke von über 120 Kilometern, die nur aus Kurven bestand. Da war kein gerades Stück Straße dabei. - Einfach genial! Entschuldige, dass ich davon keine Bilder habe. Das liegt ganz einfach daran, dass ich im Kurvenrausch war und nicht anhalten wollte, weil es soviel Spaß gemacht hat! Absolut super Straßen und richtig schöne Landschaft. Spät am Abend kam ich dann am Ziel an - mit noch stärker schmerzendem Hintern.

NH Hotel Gibraltar
Am Abend des 3. Tages Ankunft im Hotel NH Campo De Gibraltar in Los Barios, wo ich 2 Nächte bleibe.

Das Hotel war klasse, auf vier Sterne Niveau und das für 50 Euro die Nacht! Es ist verkehrsgünstig gelegen, leider aber in einer Art Industriegebiet. Da scheint in Spanien niemand so genau auf das Umfeld zu achten, auch andere Luxushotels waren in der Nachbarschaft ansässig. Von daher, wenn man mobil ist, ist das okay. Aber Abends zu Fuß einen Trinken gehen zu wollen, gestaltetete sich schwierig.

Karte Gibraltar - Tarifa
Die Karte spricht für sich selber. Am südlichsten Punkt liegt Tarifa. Die schmale Halbinsel rechts ist Gibraltar.

Am vierten Tag ging ich es locker an und fuhr zunächst rund 35 Kilometer nach Tarifa - dem südlichsten Punkt Spaniens, genauso wie der engsten Stelle der Meeresstraße von Gibraltar und dort, wo Mittelmeer und Atlantik auf einander treffen. Zudem ist Tarifa die windigste Stadt Europas! Die letzten Kilometer ließen mich auf kurviger Straße Blut und Wasser schwitzen. Stell Dir einfach vor, Du fährst eine Kurve an, willst in Schräglage gehen und dann kommt eine Windböe und sagt "NEIN"! Einfach der Hammer! Wirklich! Deshalb ging's stellenweise nur mit 30 km/h weiter. Aber das war alles unwichtig! Die entscheidende Frage für war: Würde ich Afrika sehen können?

Ortseingang Tarifa
Ortseingang von Tarifa, der windigsten Stadt Europas und am engsten Punkt der Starße von Gibraltar

Festung von Tarifa
Vor der Festung in Tarifa

zentrum von Tarifa
Zentrum von Tarifa

Tarifa: Mittelmeer und Atlantik
Tarifa: Links ist das Mittelmeer und rechts der Atlantik

Afrika im Dunst
Irgendwo dahinten im Dunst ist Afrika

Nein, ich konnte Afrika nicht sehen, höchstens im Dunst erahnen! - Das enttäuschte mich sehr, aber was konnte ich machen? Etwas betrübt hierüber begab ich mich kurz nach einem leckerenMittagessen im wunderschönen Tarifa auf den Weg nach Gibraltar selber. Verwundert war ich über die schwer bewachte Grenze zu diesem britischen Kolonialfelsen. Trauen sich die Engländer und die Spanier historisch bedingt immer noch nicht über den Weg? Heute gehören doch beide zur EU oder täusche ich mich da? Vielleicht liegt's daran, dass die Engländer bei ihrer Währung, dem Pfund, geblieben sind. Einmal in der engen Stadt selber, konnte ich aber alles in Euro bezahlen.

Als jemand, der Hong Kong noch unter den Briten erlebt hat, kam mir in Gibraltar die herrschende Atmophäre irgendwie vertraut vor. Natürlich ist die asiatische Glitzerstadt nicht mit diesem Felsen hier vergleichbar. - Obwohl, all die kleinen außen liegenden Inseln Hong Kong's schon! - Ja genau, es ist diese eigenartige Mischung des Straßentreibens bestehend aus Engländern, Einheimischen und Touristen aus aller Welt, gepaart mit militärischen Denkmälern, die an alte glorreiche Zeiten des Empires erinnern. Direkt daneben steuert eine riesige Moschee ihre orientalische Ausstrahlung bei. Das alles ist sicherlich sehr subjektiv und Du kannst meinen Eindruck eventuell nicht nach empfinden, aber dieser englisch-orientalische Hauch in vertrauter Fremde ist schon etwas Besonderes.

Kanone von Gibraltar
Die berümhte Kanone von Gibraltar

Das Bild der berühmten Kanone von Gibraltar, welche einst die Meeresstraße beherrschte, mit der Moschee im Hintergrund drückt ein wenig von dem aus, was ich meine. In unmittelbarer Nähe dessen befindet sich der wunderschöne Leuchtturm. All dieses befindet sich auf der Spitze der Halbinsel, die der Felsen ja bildet.

Leuchturm von Gibraltar
Der Leuchturm

Gibraltar Affe
Einer der Affen, die da einfach so herumlaufen

Hoch oben auf dem Felsen sollen die einzigen frei lebenden Affen Europas hausen. Da fährt zwar eine Seilbahn hinauf, aber da die Fernsicht an diesem Tage nicht so toll war, verspürte ich keine große Lust da hinauf zu fahren. Als ich aber von Leuchtturm, Kanone und Moschee wieder zurück in Richtung Stadt fuhr, lief mir zu meiner Freude eine Horde Affen vor's Vorderrad. Ich hielt an und musste gar aufpassen, dass so ein Tier mir nicht auf die Schulter hüpfte.

Gibraltar Stadt
Die Stadt schmiegt sich end an den Felsen

Die Stadt selber schmiegt sich eng an den Hang. Ein Rundgang zu Fuß ist sie wert und ich war glücklich, meine Frau nicht dabei zu haben. Das hätte sonst sicherlich in einer Shopping-Orgie geendet.

Gibraltar: Straße kreuzt Landebahn
Die STraße wird gespeert, wenn ein Fugzeug kommt

Die Straße zum Grenzübergang kreuzt die Start- und Landebahn des internationalen Flughafens von Gibraltar. Kommt ein Flugzeug, dann hat der Verkehr Pause. Für das Foto hielt ich maximal zwei Minuten an und war hierzu noch nicht einmal abgestiegen. Trotzdem war sofort ein Polizeiwagen neben mir und ich wurde sehr bestimmt aufgefordert sofort weiter zu fahren. Nun, das tat ich auch und fuhr zurück ins Hotel. Am nächsten Morgen begann ich eigentlich schon wieder den Rückweg in nördlichere Gefilde. Zunächst standen aber noch zwei Nächte in Almeria auf dem Programm - das war nur eine kleine Distanz von rund 320 Kilometern, immer die Küste entlang zu fahren.

Mittelmeerküste Andalusien
Am 5. Tag folgt eine kurze Etappe von ca. 320 km entlang der Mittelmeerküste nach Almeria

Der spanische Verkehr hat schon so seine Eigenheiten. Irgendwo, mitten auf meinem Weg nach Almeria, hatte es einen unfallbedingten Stau auf der Gegenfahrbahn. Ich selber befand mich gerade in ziemlicher Schräglage einer zügigen Linkskurve, als mir auf meiner Seite ein LKW entgegen kam. Da hatte ich plötzlich eine riesige "Kühlergrillwand" vor mir. Ausser zu hupen und erschrocken zu gucken, reagierte der Fahrer überhaupt nicht - Gott sei dank! - Er hielt einfach nur die Spur, was ihn für mich in dieser Situation mehr oder weniger "kalkulierbar" machte. Nur so konnte ich aus meiner Links-Schräglage das Motorrad aufstellen und den schnellen Rechts-Links-Schlenker um ihm herum fahren. - Du musst halt auf alles gefasst sein. Kein großes Thema, so lange Du innerhalb der eigenen fahrtechnischen Grenzen bleibst und nicht sinnlos am Gas hängst!

Unterwegs Richtung Almeria
Auf nach Almeria

Auf der gesamten Wegstrecke dieser Etappe kam die Wüste bis ans Wasser heran. Zwischendurch gab es immer mal wieder ein kleines Dorf mit Strand und ein paar Palmen. Zum Motorradfahren ist das richtig super!. Die ausgetrocknete Landschaft fasziniert!

Castell De Ferro
Castell De Ferro - Rings um das Dorf ist Wüste.

Wenn ich mir aber vorstelle, hier mit der Familie einen ein- oder zwei-wöchigen Urlaub zu verbringen, könnte das ganz schön öde werden. Da gibt es halt das Dorf und die Wüste, sonst nichts! Okay ein paar bekannte Sehenswürdigkeiten liegen in erreichbarer Nähe, aber trotzdem!

Grand Hotel Almeria
Das Grand Hotel von Almeria. Hier waren die Schauspieler und Film-Crew für die Indiana Jones Filme untergebracht. - Also, gerade gut genug für mich 🙂 Im Hinterland von Almeria liegt die Sierra Nevada.

Die Wüste selber ist absolut filmreif, weshalb ja auch die Indiana Jones Filme hier gedreht wurden. Die Schauspieler und Regisseure müssen irgendwo nächtigen und tun das für gewöhnlich in recht guten Hotels, wie z.B. im Gran Hotel Almeria. Kaum zu glauben, dass ich hier für unter 50 Euro die Nacht unterkam. Es ist zwar auch nur ein einfaches Hotel, aber eins mit Flair. - Absolut empfehlenswert!

Almeria am Abend
Almeria am Abend, Blick vom Hotel.

Abends streifte ich durch die Stadt. - Südländisches Flair, sicherlich keine Touristenstadt, was ich selber als angenehm empfand. Almeria sah ich als eine ganz normale Stadt, die seine Reize hat, aber Besonderes habe ich davon nicht zu berichten.

Almeria Strand
Der Strand von Almeria

Erwähnenswert ist der ewig lange und sehr saubere Strand. Wenn Du hier aber eine solche verwunschene Mittelmeerküste, wie sie Frankreich, Italien oder Griechenland zu bieten haben, bist Du fehl am Platz.

Wüsteenartige Landschaft zwischen Almeria und Alicante
Und weiter geht's Richtung Alicante - die Landschaft bleibt wüstenartig karg.

Gut ausgeruht ging es nach zwei Nächten weiter die Küste entlang, mit ein paar Schwenkern ins Landesinnere, wo immer noch Wüste war. Irgendwo hörte die Straße an einem Tal einfach auf. Die Brücke, die hier einst wohl mal gestanden hatte, war abgerissen. Ich versuchte über Feld- und Schotterwege trotzdem meinen Weg fortzusetzen, kam auf der anderen Talseite jedoch nicht heraus und entschied mich nach 1 1/2 Stunden mürrisch dazu, zurück an die Küste zu fahren. Die Einfahrt nach Alicante, diesem berühmten Urlaubsort, von dem so viele Deutsche schwärmen, war schockierend hässlich.

Südliche Anfahrt auf Alicante
Unerwartet häßlich ist die Einfahrt nach Alicante, dem berühmten Touristenort.

Bitte entschuldige meine Entrüstung, aber wenn Du das Bild oben siehst, bin ich sicher, dass auch Du dir einen Urlaubsort anders vorstellst, oder?

Promenade von Alicante
Innerhalb Alicante ist es schon etwas besser, aber auch doppelt so teuer wie in Almeria

Die Innenstadt hat schon einiges zu bieten. Sie ist voll auf den Tourismus ausgelegt und fast an jeder Straßenecke spricht irgend jemand Deutsch. Es gibt Bars, Promenaden, Restaurants usw.. Wenn Du in Alicante zum Essen gehst, zahlst Du gleich die doppelten Preise wie z.B. in Almeria oder Tarifa. Auch hier gilt: Es gibt die Stadt und ringsum Wüste! Die Innenstadt von Alicante ist aber generell schon okay, für den, der Toristenrummel mag. Da ich ja allein auf Reisen war und die Abende bisher recht einsam waren, nutzte ich die Gelegenheit, mir das ein oder andere Bierchen in einer Bar zu gönnen.

Die Weiterfahrt am nächsten Morgen führte mich an Benidorm vorbei - nochmals, hässlicher geht's nicht - mehr habe ich dazu nicht zu sagen! Vergiss es ebenfalls die Landstraße zu benutzen. Du wirst hier nicht voran kommen! Alle gefühlte 100m kam ein Kreisverkehr, vor dem es sich staute. Das Verkehrsaufkommen war touristisch hoch und nervte! Mir fiel aber auf, dass parallel ganz nahe der Küste auch die Autobahn verlief, wo fast gar kein Verkehr war. Es lohnte sich, die Maut zu bezahlen und auf einer leeren Straße zügig fahren zu können. Was Kurven anging, büsste ich nicht viel ein und hatte sogar die bessere Aussicht auf Landschaft und Küste.

Weiter nördlich, auf Barcelona zu, sieht man wieder Grünes.
Weiter nördlich, auf Barcelona zu, sieht man wieder Grünes.

Die gesamte spanische Mittelmeerküste war aus Sicht des Motorradfahrens die Tour wert. Allerdings ist es eine karge Küste, die nichts mit der Schönheit des restlichen Mittelmeeres zu tun hat. Erst mit der Annäherung an die Costa Brava und Barcelona ändert sich das Bild. Die Natur wurde zusehends grüner.

Kurz vor Perpignan
Kurz vor Perpignan, dem vorletzten Übernachtungsstop.

Zum zweiten Mal auf dieser Reise an den Pyrenäen vorbei - nur halt diesmal auf der anderen Seite - wusste ich, dass ein schöner Motorrad-Urlaub dem Ende zuging. Nun denn, zwei Übernachtungen noch und mit der nächsten Etappe nach Besancon, würde mich der Weg entlang der See-Alpen führen und hierauf freute ich mich. Sind die See-Alpen doch ebenfalls ein wahres Motorrad-Paradies, wohin ich schon lange nicht mehr gefahren war.

Perpignan
Perpinan mit den Pyrenäen im Hintergrund

Wieder durfte ich zuvor jedoch die Wochend-Faulheit der Franzosen kennenlernen, als ich an diesem Samstagabend, so gegen 20:00 Uhr vor dem geschlossenen Hotel Adagio Access Perpignan stand. Die Eingangstür war zu und mit einem Zahlen-Code gesichert. Als ich anfing zu überlegen, was ich nun tun solle, kam ein anderer Gast aus dem Hotel heraus, so dass ich samt Gepäck schnell durch die geöffnete Tür in die Hotel-Lobby schlüpfen konnte. Hier waren Sessel zum sitzen, ein kleines Tischchen, eine nicht besetzte Rezeption und ein nicht funktionierender Getränke-Automat. Na ja, jetzt war ich also im Gebäude und hatte ein Dach überm Kopf. Ich bereitete mich seelisch schon einmal auf die Option vor, die Sessel zu einer Liegefläche zusammen zu schieben und einfach in dieser Lobby zu nächtigen. Als ich gerade zur Tat schreiten wollte, kam ein weiterer Gast und wunderte sich über meine Aktivitäten. Ich erklärte es ihm, worauf er mich fragte, ob ich schon einmal im Wandsafe neben der Rezeption nachgeschaut hätte. Wenn ich gebucht habe, müsste da zumindest eine Nachricht für mich sein! Gut, dachte ich mir und ging zu dem Safe. Der war zu und ebenfalls mit einem Code gesichert. Der andere Gast hatte den passenden Code aber parat - und wirklich, da war ein Umschlag für mich in dem Fach - ein Willkommensbrief mit allen benötigten Zahlen-Codes und ein Schlüssel zu meinem Zimmer! - Na wunderbar! - Was denken sich die Franzosen eigentlich, wie ich da hätte heran kommen sollen, bzw. wie überhaupt ich hätte erfahren sollen, dass man mich nicht vergessen hatte? Wenn Vater "Zufall" mir nicht glücklich in die Hände gespielt hätte? - Freilich, wenn Du dieses liest und dazu ein wenig Reiseerfahrung bezüglich Hotels hast, magst Du dir jetzt denken, ich hätte einmal mein Handy wegen einer Nachricht des Hotels checken sollen. Ja, da hast Du recht, aber das hatte ich zwischendurch getan und da war nichts! - Mein Roaming funktionierte!

Wie dem auch sei, das Restaurant war ebenfalls geschlossen, also gab's kein Essen und ob der inzwischen fortgeschrittenen Zeit verwarf ich den Gedanken ausserhalb ein Restaurant zu suchen. Das zimmer war sauber und mit einer Küche komplett ausgestattet - der Kühlschrank war leer! An diesem Punkt wurde ich dessen gewahr, dass ich ein Appartement-Hotel gebucht hatte. Dieses stand aber nirgendwo als ich die Buchung vorgenommen hatte! Ich nahm es gelassen und verspeiste mal wieder Butterkekse mit Wasser! Die Aussicht aus meinem Zimmer im zehnten Stock war genial und wehmütig schaute ich kauend zurück auf die Pyrenäen, hinten denen Spanien liegt.

In Besancon komme ich völlig durchnäßt und unterkühlt an.
In Besancon komme ich völlig durchnäßt und unterkühlt an.

Perpignan verlassend, zunächst auf der Autobahn fahrend, bis auf die Höhe von Montepellier, war das Wetter noch gut und ich war sommerlich leicht - aber natürlich motorradgerecht - gekleidet. Allerdings kamen jetzt am Himmel dunkle Wolken auf und der dazu gehörige Regen ließ nicht lange auf sich warten. Die nächste Brücke unter der ich anhalten konnte, war meine. Ich zog die Wachs-Cotton-Jacke an. Diese hatte schon die ersten 1 1/2 Tage Regen auf der Hinfahrt ab und dicht gehalten. Weiter ging's, wie geplant bald die Autobahn zwecks Kurvenhatz in den See-Alpen verlassend. Die Freude hierauf währte allerdings nicht mehr lange. Es regnete wolkenbruchartig - ich dachte so schlimm kann das nur von kurzer Dauer sein! Aber nein, es hörte und hörte nicht auf - ein Dauerwolkenbruch! Ehe ich mich versah, war ich bis auf die Haut durchnässt und inzwischen irgendwo in der Pampa unterwegs. Es gab keine Unterstellmöglichkeiten. Das Wasser stand inzwischen zum Teil zentimeterhoch auf der Straße. Zwar hatte ich eine Regenkombi dabei, aber ganz unten im Gepäck verbuddelt! Hätte ich die im Freien stehend heraus geholt, wären all meine Sachen sofort ebenfalls klitschnass geworden, was ich jedoch zwingend vermeiden wollte. Mein Tankrucksack war zum Wasserbehälter geworden und alle Landkarten aufgeweicht und nicht mehr zu gebrauchen ohne, dass ich sie zerstört hätte.

Ich wollte raus aus der Pampa, runter von den kleinen Straßen und möglichst rauf auf eine Autobahn, um schnellst möglich zum Hotel in Besancon zu kommen. Das Navi jedoch fing an mich in die Irre zu leiten und sogar einmal im Kreis herum. Ich wurde wahnsinnig. Es war inzwischen 13°C kalt und ich merkte den Beginn meiner Auskühlung. Nach langer Zeit fand ich endlich eine ausgebaute Nationalstraße die Besancon ausgeschildert hatte. Und glaubt mir,das Navi hatte ich auf schnellste - nicht auf kürzeste Strecke umprogrammiert und die Autobahnvermeidung heraus genommen. Selbst noch 5 Kilometer vor Besancon wollte es mich das Ding wieder querfeldein lotsen, runter von der direkten Straße! Als ich schließlich im Hotel ankam, hatte ich fünf Stunden durchnässtes Fahren hinter mir. Ich musste eine halbe Stunde lang heiß duschen, bevor mein Körper das Zittern aufhörte. In über 30 Jahren Motorradfahren, Sommer wie Winter, nach zahlreichen Wintertreffen  bei unter - 20°C, noch nie hatte ich so gefroren wie an diesem 20. Juli 2014.

Alles was ich an hatte, war nass, durch und durch. Es zahlte sich jetzt aber aus, dass ich zuvor die Regenkombi nicht ausgekramt hatte. Somit hatte ich noch trockene T-Shirts, Hemden und eine Jeans. Für den nächsten Tag, an dem es nur noch nach Hause ging, zog ich alles wärmende und trockene unter die Regenkombi und los ging es! Die letzten 650 Kilometer. Es regnete immer noch stark, jedoch nicht mehr ununterbrochen.

Zu Hause angekommen war aber auch die Regenkombi durch! Was für eine Fahrt!

So sehr ich gerade die letzten zwei Regentage geflucht hatte, mich im Dauer-Wolkenbruch gefragt hatte, warum ich das überhaupt alles mache, so sehr waren all diese Strapazen bereits nach der ersten Zigarette unter dem heimischen Carport vergessen. in Gedanken war ich schon bei der nächsten Tour dieser Art. Wohin die mich führen wird bleibt vor erst noch meine persönlich Sache. Du kannst aber sicher sein danach hierüber auf Motortrekking lesen zu können.

Nach 5700 Km wieder daheim!
Nach 5.580 Km und 10 Tagen wieder daheim!

Als Fazit sage ich nur eines: Die Tour nach Gibraltar und zurück war herausfordernd und richtig, richtig gut! - Jeder Zeit würde ich das wiederholen!

Mehr Infos über die Hotels, wie sie waren usw. erfährst Du auf dieser Webseite unter "Hotel" und dann rechts unter "Meinungen zu Hotels" auf den relevanten Länderseiten.

Fotos und Text: Henning Wiekhorst

 

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